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Vermummungsverbot auch nach Abpfiff eines Fußballspiels?

Das OLG Hamm hatte über einen Fußballfan zu entscheiden, der sich nach dem Ende eines Fußballspiels noch auf dem Stadiongelände vermummt hat (Urteil vom 07.09.2017 – 4 RVs 97/17).
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Zum Vermummungsverbot nach einer Veranstaltung

Das OLG Hamm hatte über einen Fußballfan zu entscheiden, der sich nach dem Ende eines Fußballspiels noch auf dem Stadiongelände vermummt hat (Urteil vom 07.09.2017 – 4 RVs 97/17).

Sachverhalt:

Der seinerzeit 21 Jahre alte Angeklagte aus Stuttgart besuchte im Mai 2015 als Auswärtsfan das Bundesligaspiel des SC Paderborn gegen den VfB Stuttgart in der Benteler Arena in Paderborn. Nach dem Abpfiff und dem Verlassen des Stadions hielt sich der Angeklagte noch auf dem zum Stadiongelände gehörenden Gästeparkplatz bei den dort geparkten Bussen auf.

Hier kam es aus einer Gruppe der auf dem Parkplatz anwesenden Anhänger des VfB Stuttgart heraus zu einem Tumult. Pyrotechnik wurde gezündet. Eingesetzte Beamte forderten die Anhänger auf, sich ruhig zu verhalten, zu den Bussen zu begeben und in diese einzusteigen. Zudem beabsichtigten die Beamten, die Personalien einzelner Anhänger festzustellen.

Als der Angeklagte, welcher bereits in einen der Busse eingestiegen war, den Tumult bemerkte, maskierte er sich. Er verbarg sein Gesicht hinter einem roten Schal bzw. einer Sturmhaube, so dass nur noch die Augenpartie zu erkennen war. Zudem zog er die Kapuze seines Sweatshirts und auch die Kapuze seiner Jacke tief ins Gesicht. So wollte er die Identifizierung seiner Person verhindern.

Sodann verließ er den Bus und stellte sich den eingesetzten Polizeibeamten gegenüber. Der Aufforderung der anwesenden Beamten, wieder in den Bus einzusteigen, folgte er zunächst nicht. Vielmehr schrie er die Polizeibeamten an und schlug von außen aggressiv mit der flachen Hand kräftig gegen den Bus. Andere Anhänger des VfB Stuttgart konnten ihn nach kurzer Zeit in den Bus zurückdrängen.

Die Identität des Angeklagten konnte später durch eine Auswertung eines von dem Vorfall aufgezeichneten Videos festgestellt werden. Dieses Geschehen bewertete das AG Paderborn als vorsätzlichen Verstoß gegen das Vermummungsverbot des Versammlungsgesetzes (§§ 27 Abs. 2, 17a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG) und verhängte gegen den Angeklagten eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen.

Entscheidung:

Das OLG Hamm hat die Revision des Angeklagten gegen das Berufungsurteil des LG Paderborn als unbegründet verworfen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts rechtfertigen die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts die Verurteilung des Angeklagten zu der Geldstrafe.

Als Veranstaltungen unter freiem Himmel fielen Fußballspiele – wie auch das in Frage stehende Spiel in der Benteler Arena – unter die einschlägigen Vorschriften des Versammlungsgesetzes. Bei seiner Vermummungstat sei der Angeklagte noch auf der Veranstaltung gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass das Fußballspiel zum Zeitpunkt des Vorfalls bereits abgepfiffen gewesen sei und der Angeklagte das Stadioninnere bereits verlassen gehabt habe.

Solange er sich im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem zuvor besuchten Spiel noch auf dem Stadiongelände selbst befunden habe, um ein ihm dort zur Verfügung stehendes Mittel zum Abtransport zu nutzen, habe er noch an der Veranstaltung teilgenommen. Die Veranstaltung sei öffentlich gewesen, weil jeder eine Eintrittskarte habe erwerben und die Veranstaltung habe besuchen können.

Zudem sei die Vermummung des Angeklagten sei geeignet und darauf ausgerichtet gewesen, die Feststellung seiner Identität zu beeinträchtigen. Er sei zum Zeitpunkt des Vorfalls so maskiert gewesen, dass nur noch seine Augenpartie zu erkennen gewesen sei. Die Strafzumessung des Landgerichts weise keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

Merke:

1. Nach § 17a Abs. 2 Versammlungsgesetz gilt bei öffentlichen Versammlungen unter freien Himmel, Aufzügen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel sowie auf dem Weg dorthin ein sog. Vermummungsverbot. Demnach ist es  verboten, in einer Aufmachung teilzunehmen oder Gegenstände mit sich zu führen, die geeignet sind, eine Identitätsfeststellung zu verhindern.

2. Unter Vermummung versteht man jede Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes einer Person dergestalt, dass eine Identifizierung durch Sichtung der Person vereitelt oder zumindest wesentlich erschwert wird. Dies geschieht durch Verhüllung von Gesichtsteilen. Eine Vermummung verletzt das Grundprinzip des sog. „offenen Visiers“.

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