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Horrorclowns- Was ist noch Notwehr?

Kann sich jemand auf eine rechtfertigende Notwehrlage berufen, wenn er gezielt in einer Gruppe loszieht, um Horrorclowns zu „klatschen“? Ist dieses auf Eigeninitiative beruhende Verhalten berechtigt? Wird nicht das Opfer zum Täter?
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Horrorclowns- Was ist noch Notwehr?

Coulrophobie – die zwanghafte Angst vor Clowns – ist ein Phänomen, das eher selten auftritt. Doch dieses Phänomen scheint nun vermehrt aufzutreten. „Mitte der 2010er Jahre kam es weltweit zum Horrorclown- Phänomen.“, heißt es sogar schon bei Wikipedia.

Damit scheint der „Trend“ aus den USA auch bei uns angekommen zu sein. Unheimlich geschminkte Clowns karikieren das Bild eines Clowns, der mit Luftballonfiguren und aufgemaltem Lächeln Kinderherzen höher schlagen lässt. Die Luftballonpumpe wird gegen einen Baseballschläger oder eine Kettensäge getauscht.Lustig ist das nicht. Viele Bürger fühlen sich durch die Horrorclowns bedroht, die auch schon hierzulande bei Übergriffen für Körperverletzungen gesorgt haben.

Bürgerwehren verabreden sich zur Clownjagd

Doch was nun in sozialen Netzwerken geschieht, klingt ebenfalls alles andere als witzig. „Besorgte Bürger“ verabreden sich, um auf Clownjagd zu gehen. Veranstaltungen wie „ Clowns klatschen“, „Die Killer-Clown Jagt (!) kann beginnen“ oder „Clown jagen !! Real!“ sprießen aus dem Boden und erfreuen sich steigender Beliebtheit. Was teilweise lustig und ausdrücklich ohne Waffen stattfinden soll, wird von vielen ernst genommen.

Unter dem Deckmantel der Notwehr fühlen sie sich im sozialen Netzwerk als moderne Rächer der Gesellschaft und kündigen Gewalt an. Doch ist das von der Notwehr überhaupt noch erfasst? Kann sich jemand auf eine rechtfertigende Notwehrlage berufen, wenn er gezielt in einer Gruppe loszieht, um Horrorclowns zu „klatschen“? Ist dieses auf Eigeninitiative beruhende Verhalten berechtigt?
Wird nicht das Opfer zum Täter?

Fällt die Clownjagd unter § 32 StGB?

Um sich auf Notwehr nach § 32 StGB berufen zu können, muss sich die Person in einer Notwehrlage befinden. Dies setzt einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff voraus. Ein Angriff ist jede von menschlichem Verhalten ausgehende Bedrohung eines Rechtsguts, gegenwärtig ist dieser, wenn er unmittelbar bevorsteht oder noch andauert und rechtswidrig ist er dann, wenn er objektiv gegen die Rechtsordnung verstößt.

Das heißt, gerechtfertigt durch Notwehr ist der Clown-Jäger nur dann, wenn er vom Clown angegriffen wird. In Betracht kommende Tatbestände sind hier die Nötigung nach § 240 StGB und die Körperverletzung nach § 223 StGB.

Doch entgegen der einhelligen Auffassung, ein Clown der „Buh“ gemacht hat, dürfe nach allen Regeln der Kunst verdroschen werden, gibt es an die Notwehrhandlung strenge Anforderungen, die jedem Jurastudium bereits zur Mitte des ersten Semesters bekannt sein dürften.

Es ist gerade nicht so, dass ein Horrorclown allein durch die weiß-rote Kriegsbemalung und die Absicht, Menschen zu erschrecken, sein Recht auf körperliche Unversehrtheit verwirkt.
So muss die zur Verteidigung erfolgende Notwehrhandlung erforderlich und geboten sein.

Sie müsste also zunächst geeignet sein, den Angriff auf das Rechtsgut abzuwehren und weiterhin das relativ mildeste Mittel darstellen. Das heißt, wer eine geladene Pistole und ein Pfefferspray dabei hat, sollte scharf nachdenken, welches von beiden er besser einsetzt, um den Gruselclown abzuwehren.

Es gilt allerdings: Je gefährlicher der Angriff ist, desto heftiger darf die Abwehrmaßnahme sein. Auch einem Dritten kann im Rahmen der Nothilfe beigestanden werden.
Das Festnahmerecht des § 127 Abs. 1 StPO bietet außerdem die Möglichkeit, einen Gruselclown bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten, wenn man diesen „auf frischer Tat“ ertappt, Fluchtgefahr besteht, oder die Identität nicht feststellbar ist.

Notwehrexzess § 33

Natürlich kann es auch sein, dass man die Grenzen der Notwehr aus Angst, Furch oder Schrecken überschreitet. Dieser Notwehrexzess nach § 33 StGB sorgt für eine Straflosigkeit, weil die Schuld an dieser Stelle entfällt. Nach herrschender Meinung ist aber nur der asthenische Affekt (Angst) und nicht der sthenische Affekt (Wut) von dieser Regelung erfasst. Dem steht das Analogieverbot entgegen.

Clowns klatschen?

Nicht erlaubt ist es, prophylaktisch auf Clownjagd(jagt?!) zu gehen und den Spieß damit umzudrehen. Im schlimmsten Fall setzt man sich dadurch selbst einer starken Gefahr aus. Sichtet man nämlich einen Horrorclown, ohne dass dieser sich außer seiner Kostümierung etwas zu Schulden hat lassen kommen, und attackiert ihn, ist die Situation anders.

Dann befindet sich nämlich der Clown in einer Notwehrlage und darf sich mit dem schneidigen Schwert des Notwehrrechts zur Wehr setzen, um seine körperliche Unversehrtheit zu schützen.

14-jähriger verletzt 16-jährigen Horrorclown

Dass das Ganze nicht nur theoretischer Natur ist und vielleicht auch nicht nur ein vereinzelt auftretendes Phänomen, dem durch den medialen Hype zu viel Aufmerksamkeit zukommt, zeigt ein Fall aus Berlin.

Ein 14-jähriger wurde von einem Horrorclown erschreckt und verletzte ihn daraufhin mit einem Messer im Bereich des Oberkörpers. Mit Hammer und Maske ging der selbst erst 16 Jahre alte Angreifer auf eine Gruppe Jugendlicher los. Nachdem der 14-jährige ihn mit dem Messer verletzt hatte, stellte sich sogar heraus, dass die beiden sich kannten. Er leistete dem Gruselclown erste Hilfe. Trotzdem wurde dieser infolge der Verletzung notoperiert.

Diesem Clown zumindest ist das Lachen vergangen. Währenddessen ermittelt die Polizei gegen den 14-jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung.

Es bleibt festzuhalten, dass es gerade an Halloween ratsam ist, eine andere Kostümierung zu wählen. Viele der „Clown-Jäger“ haben sich zum 31.10. verabredet, um auf die Jagd zu gehen. Leider hat nicht jeder Teilnehmer dieser Veranstaltungen einen Clown gefrühstückt.

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